#2/2018: kostenlos ist nicht der Hauptfeind von ‘bezahlt’

Bezahlbereitschaft

Max-Planck-Institut befragte repräsentativ 5.500 Personen zu Paid Content

Die meisten Studien zum Thema Bezahlbereitschaft für digitale Inhalte stammen von interessierter Seite und verfolgen das Ziel, einen attraktiven Inhalt für eine aufmerksamkeitsstarke Pressemitteilung zu generieren. Aus dieser Reihe heraus fällt eine Untersuchung des Max-Planck-Institutes für Innovation und Wettbewerb. In einer 5.500 Personen umfassenden Repräsentativbefragung zur Nutzung von Onlineinhalten haben die Forscher ein Bild erarbeitet zur Frage der Bezahlbereitschaft und zur Nutzung illegaler (gegen das Urheberrecht verstoßender) Angebote; von Musik und Film über Spiele bis hin zu Büchern und Presse.

Nur 4% sind überzeugte& bewusste& prinzipielle Nutzer illegaler Inhalte

Immerhin 15% der Befragten stuften ihr eigenes Nutzungsverhalten als zumindest teilweise illegal ein. Aber nur 4% outeten sich als prinzipielle Anhänger der Digitalpiraterie, die ausschließlich illegale Nutzungswege beschreiten.

‘keine Bezahlbereitschaft’ ist nicht Haupt-Ursache für fehlenden Paid Content-Erfolg

Für die große Mehrheit aller Befragten scheint zu gelten: wer Online-Inhalte nutzt, der bezahlt im Durchschnitt mehr für solche Inhalte in jedweder Form als der Bevölkerungsquerschnitt. Das haben die Forscher zumindest für den Kauf physischer und digitaler Musik und Filminhalte herausgefunden. Denn die Möglichkeit zur Kostenlosnutzung ist unter den drei wichtigsten Gründen für den Aufruf illegaler Angebote nur der unbedeutendste. Eine größere Rolle spielen dabei die schnelle [in der Regel sofortige] Verfügbarkeit und die Bequemlichkeit. Prof. Dietmar Harhoff, Leiter der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung des Instituts: “Das läuft der gängigen Vermutung entgegen, dass illegales Nutzungsverhalten nur auf Kostensenkungsmotive zurückzuführen ist”.

pvd meint: Wenn Bequemlichkeit und sofortige Verfügbarkeit ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Digitalvertrieb sind, dann muss das zu einer klaren Priorisierung der Prozessoptimierung bei Paid Content-Angeboten führen. Da haben sehr viele Verlage noch eine Großbaustelle

a) im eigenen Produktportfolio

b) in den eigenen Bezahlprozessen

c) in ihrer Widerständigkeit gegen die Nutzung übergreifender Bezahlangebote und Vertriebsplattformen.

Man kann heute im iTunes-Kiosk problemlos sein Netflix-Abo kaufen/bezahlen. Aber die Hintertupfinger Allgemeine Zeitung besteht immer noch darauf, dass man zur Digitalabolektüre zunächst ihre (nicht mobil optimierte) Website aufruft, um dort über ein 20-Felder-Formular (Pflichtfelder u.a.: Geburtsdatum, Telefonnummer) ein Abo zu beantragen, dass ab dem nächsten (Werk-)Tag nutzbar sein könnte. Das ist einer der Gründe, warum man in Hintertupfingen noch ganz fest an Print glaubt und dabei auf die ganz enttäuschenden Paid Content-Erfahrungen verweisen kann.

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