#9/2014: sieben Brücken, sieben Todsünden, sieben Zwerge

W&V stiftet dem Direktmarketing- und Social Media-Berater Johannes Mettler eine Seite für ein Plädoyer pro CRM und Bestandskundenmarketing. Sein Appell, Transaktions- und Bewegungsdaten für Marketingmaßnahmen zu nutzen, passt nahtlos zum Thema dieser Ausgabe, ‘Big Data im Vertrieb’.

Aber hier geht es uns um sein Resümee am Ende des Eigen-PR-Textes: “Ach ja, Sie kennen ja die Formel: Einen Neukunden zu gewinnen, ist sieben Mal so teuer wie einen Bestandskunden zu pflegen.” Da ist er einmal wieder: DER Marketingmythos der letzten Jahre. Nach dem Kundenbindung günstiger sei als Neukunden-Gewinnung. Eine axioma-tische Kuschel-Empfehlung sondergleichen ohne jede Relevanz für das operative Tun.

Denn auch wenn die These von anderen schon in etwas operationalisierbarere Worte gegossen wurde (erst kürzlich zum Beispiel vom Geschäftsführer der Deutsche Post Direkt GmbH, Oliver Reinke: “statistisch betrachtet ist die Gewinnung eines Neukunden bis zu siebenmal teurer, als die Aktivierung eines bereits bestehenden Kunden”): es gibt nach unseren intensiven Recherchen auch in der wissenschaftlichen Literatur keine einzige Belegstelle für die These, einen Neukunden zu gewinnen sei X Mal teurer als einen Bestandskunden zu halten. Viel mehr darf die mystische Zahl ‘Sieben’ als Indiz für einen modernen Mythos gelesen werden.

Selbst wenn die Empfehlung in anderen Branchen cum grano salis Gültigkeit haben könnte. In der Verlagswelt gab es bisher reichlich Gelegenheit, wirkungslose und teilweise sogar kontraproduktive Kundenbindungsprogramme zu beobachten, die beachtliche Marketingbudgets verpulverten. Die Ausgangslage mag sich gerade ändern, denn dank Big Data ergeben sich erstmals Daten, die für die wirtschaftliche Steuerung von derartigen Maßnahmen herangezogen werden können. Aber es kann gar nicht laut genug gesagt werden: bisher gibt es für die prominente These keinen Beleg.

Sie hat aber allzu viele Herausgeber und Verlagsleiter schon dazu verleitet, ihren Direktmarketingverantwortlichen eine teure und unproduktive Agenda zu diktieren.

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