Durchschnitte durchschneiden

Aus der differenzierten Betrachtung der Zustellkosten je Adresse, die wir auf den Seiten 20-25 ausführlich vorstellen, hat sich für einige Verlage ein völlig neuer Blickwinkel auf das Printgeschäft ergeben. Print per se ist noch lange nicht unwirtschaftlich. Nur das Print-Abogeschäft mit einigen (u.U. auch vielen) Haushalten rentiert nicht.

Hat man das Prinzip einmal nachvollzogen, dann findet man auch andere Bereiche, in denen Durchschnitte den Facettenreichtum der Realität zukleistern.

In einem durchschnittlichen Champions League Fußballspiel fallen 2,92 Tore. Im letzten Halbfinale schoss der FC Barcelona allein sowohl im Hin- als auch im Rückspiel je drei Tore und unterlag dennoch Gegner Inter Mailand.

Im Durchschnitt wohnen alle Deutschen in Niederorla, sind knapp 45 Jahre alt und zu 0,507 Anteilen weiblich.

Ein durchschnittliches Abonnement kommt mit Akquisekosten im Bereich eines Jahresabopreises daher und wird nach 2,5 Jahren wieder gekündigt. Durchschnittliche junge Menschen lesen keine Presse mehr. Im Durchschnitt verbringen Nutzer eineinhalb Minuten auf einer Nachrichtenwebsite. Der durchschnittliche Befragte bezahlt nicht für Online-Nachrichten.

Im Durchschnitt zählen deutsche Zeitungen 18% ihrer Aboauflage als E-Paper und erzielen ein Siebtel ihrer Paid Content Erlöse mit Paywallabos. Manche erreichen locker das Doppelte und mehr.

Mit den niedrigen Preisen, die man für Paid Content-Abos erzielen kann, können wir niemals unsere Redaktion finanzieren, sagt ein Verleger, der sein Abo für 5,90€ verkauft, mit Blick auf die branchendurchschnittlichen 11€ und blendet dabei die beinahe 20€ aus, die anderswo auch schon realisiert werden.

Im Durchschnitt stehen In-App Abos für 3% aller Paid Content-Erlöse (außer man ist der Kicker).

Der Mittelweg ist der einzige, der nicht nach Rom führt, hat der Komponist Arnold Schönberg einmal gesagt.

Es gibt zwar nicht die eine Zauberformel, die Erfolg garantiert. Aber mit einem mittelmäßigen Produkt zum Durchschnittspreis wird sich Journalismus mittel- oder gar langfristig nicht finanzieren lassen. So viel Pauschalisierung darf sein.

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