Eine Karte macht noch keinen Club
(Schlusskommentar aus pv digest #5/2016)
Wenn sie auch “Club” heißen: Kundenclubs sind in aller Regel nichts als Rabattmarkenheftchen. Darum verschwinden selbst ‘wertige’ Plastikkarten mit Hochprägung achtlos in der Grabbelschublade zu Hause – meist auf Nimmerwiedersehen. Lediglich häufig nutzbare Vorteilskarten, die Miles&More-Card oder die Bahncard, trägt man regelmäßig mit sich herum. Nicht aus Stolz, sondern aus ganz pragmatischen Gründen. Die Wirtschaftsclub-Mitgliedskarte des Handelsblatts aber zum Beispiel dürften nur solche Zeitgenossen, die sich dank dieses Ausweises tatsächlich auf Augenhöhe mit dem Top-Testimonial Dieter Zetsche fühlen, dauerhaft in der eigenen Brieftasche deponieren.
Und doch ist dem Handelsblatt etwas gelungen, das den meisten Kundenkarten von Tageszeitungen abgeht: den Club mit einer gemeinschaftsstiftenden Idee aufzuladen. ‘Gemeinschaft zu Verbreitung des wirtschaftlichen Sachverstands’ klingt zwar etwas hölzern, dürfte aber in mancher Managerbrust eine Saite jenseits der reinen Vernunft zum Klingen bringen. Und genau darum geht es bei einem Club. Nur eine Gemeinschaft rund um eine gemeinsame Idee, eine Lebenseinstellung, ein begeistert verfolgtes Hobby oder ein engagiert verfochtenes Eigeninteresse verdient den Namen ‘Club’ oder, mit neudeutscher Bezeichnung und weniger organisatorischer Verbindlichkeit: ‘Community’.
Wenn unser Gesprächspartner Alexis Johann zwischen “transaktionalen” und “kooperativen” Kundenbeziehungen unterscheidet (pv digest #5/2016, S.4), dann prägt er damit im Grunde pointierte Begriffe auch für den Unterschied zwischen einem Kundenclub und einem echten Club. Ein Kundenclub mag Bindungswirkung entfalten, wenn er häufig Sparerlebnisse vermittelt. Ein echter Club, eine Community, vermitteln vor allen Dingen eins: Zugehörigkeit.
Viele gute Zeitschriften schaffen das auch ohne Clubkarte. Von Brand Eins über Landlust bis hin zu Beef und Barbara vermitteln die Magazin-Erfolge der letzten Jahre mindestens genau so viel Lebenseinstellung wie Unterhaltung&Information. Die richtige Zeitschrift zu lesen ist auch ein gutes Stück Selbstbestätigung. Allerdings: Zu einer Gruppe gehören auch die, die nicht dazu gehören, die anderen. Wenn ein Club zu groß wird, dann verliert er an Exklusivität und Profil.
Für Dickschiffe ist der Clubgedanke kein Rettungsanker (stockt es darum bei der Landlust?). Aber kleinere Titel können auf diesem Ticket erfolgreich segeln. Und sogar Lesererlöse erwirtschaften, ohne dafür eine Paywall zu errichten, wie es die Taz vormacht. Eine spannende Frage für die Zeitungswelt: welcher Regionalzeitung gelingt es, Heimatgefühl und Regionalstolz so zu verkörpern, dass sie von diesem Effekt profitieren kann? Möchten tun das viele. Aber gelingt das schon irgendwo? Leserstimmen willkommen!