Geht nicht gibt’s nicht
Geht nicht gibt’s nicht
Es wird so elf, zwölf Jahre her sein, als uns der Vertriebsleiter einer kleinen süddeutschen Zeitung auf einer Tagung des BDZV mit gönnerhafter Attitüde darüber belehrte, dass man sich den E-Paper-Vertrieb getrost sparen könne, weil die Leute Zeitungen nur auf Papier lesen wollten und für das digitale Produkt darum nicht bezahlen würden.
Der Mann war erkennbar auf den letzten Metern seiner Berufslaufbahn angelangt. Ob ihm dabei die Puste oder auch nur die Lust ausgegangen war, das wissen wir nicht. Was wir wissen, ist, dass sein Nachfolger sich heute im branchenüblichen Umfang über ein hoch rentables Fünftel seiner Aboauflage im Digitalformat freuen kann.
‘Für E-Paper wird niemand bezahlen’ ist nur eine der vielen Varianten der ‘für XYZ wird niemand bezahlen’-Schwelle, über die wahrscheinlich jedes neue Produkt einmal springen muss.
Auf den ersten Seiten dieser Ausgabe berichten wir über diverse digitale Bezahlangebote aus der Welt der Publikumszeitschriften. ‘Für … bezahlen die Leute einfach nicht’, ist in diesem Segment noch recht weit verbreitet. Dass Special Interest-Angebote von Schnittmustern über Kochrezepte bis hin zu Ausdauertrainingsplänen seit vielen Jahren zu digitalen Topsellern gehören, wird dabei ausgeblendet. Oder per ‘Ja, aber…’ ausgekontert.
Noch jünger als die meisten Experimente mit Paid Content für Zeitschriften sind Bezahlpodcasts (die freilich auch von Magazinverlagen stammen können).
Aus Sicht der Plattformen sind Podcastabos heute schon ein ganz großes Ding. 100Mio$ hat Spotify allein seit Januar an Podcast-Publisher ausgeschüttet, berichtete jüngst die New York Times. Und von den 270MioAbonnenten, über die YouTube und Google zuletzt berichteten, dürfte ein großer Teil ebenfalls auf Podcast-Fans entfallen, die YouTube zu sich ziehen konnte, indem es eine Videobegleitung zum Hörangebot zum neuen Standard gemacht hat.
Wer glaubt, er wisse, wofür Menschen niemals etwas bezahlen werden, dem empfehlen wir einen Besuch einer Filiale der Handelskette Tedi oder den Besuch der Website des chinesischen Plastikhändlers Temu. Oder eine Google-Suche nach ‘die teuersten NFTs’. Danach ist der ‘was man alles verkaufen kann’-Horizont mit Sicherheit erheblich größer.
Wer Inhalte produziert, die er früher auf Papier verkaufen konnte, der wird auch einen Weg finden können, Inhalte in Form digitaler Produkte zu verkaufen.
Wem es noch nicht gelungen ist, ein erfolgreiches digitales Produkt zu lancieren, der hat es noch nicht oft genug versucht. Wer einfach ‘geht nicht’ sagt, der ist fehlbesetzt. ‘Geht nicht’, gibt’s nicht.