Haarspaltereien
Haarspaltereien
Wofür geben deutsche Konsumenten jährlich rund 8Mrd€ aus, unter anderem in etwa 80.000 Geschäften? Richtig: für Presse. Wessen Verband fordert zur Unterstützung der kriselnden Branche eine Mehrwertsteuerabsenkung? Genau, BDZV und MVFP. Und wie reagiert die Branche in der Krise? Natürlich mit Preiserhöhungen.
8Mrd€ in rund 80.000 Ladengeschäften geben die Deutschen auch für Frisördienstleistungen aus, berichtet die FAZ. Und der Zentralverband der Frisöre fordert eine Absenkung der Mehrwertsteuer.
Was die Frisöre nicht fordern, das ist eine Konsolidierung ihrer Großhändler. Davon soll es noch rund 300 geben (behauptet zumindest der Adressenhändler Listfix). Und die stehen untereinander im Wettbewerb und müssen auf eigenes Risiko handeln.
Das alles nur als Hintergrund zu den aktuellen Diskussionen rund um das Pressegroßhandelssystem.
Nun ist es ohne Zweifel wichtiger, die deutsche Bevölkerung mit Information und Einordnung zu versorgen als mit Dauerwellen oder gestuften Mini-Bobs. Es ist in Ordnung, dass das Wettbewerbsrecht für Presse großzügige Ausnahmen macht.
Aber vielleicht macht es deutlich, dass eine maximal konsolidierte Großhandelswelt allein nicht über das Wohl und Wehe einer Branche entscheidet.
Es ist wahr, dass der Grossoverband langsam agiert und Mühe hat, Konsens bei seinen Mitgliedern über grundsätzliche Veränderungen zu erzielen. Aber fragen Sie doch mal die FFF-Allianz, wie es da mit der Reformbereitschaft steht!
Die FFF-Verlage sind stark und einig darin, Veränderungen im Grosso anzumahnen. Über Veränderungen auf der Verlagsseite ist nichts zu hören. Denn die wird es nicht geben, obwohl die genauso notwendig wären, wie auf der Grossoseite.
Das Frisörgeschäft funktioniert – wie die ganze Wirtschaftswelt – weil am Markt gebildete Großhandelspreise/-margen sinnvolle Regulative zu den Forderungen der Lieferanten und der Letztabnehmer sind.
Die Handelsmargen des Pressegroßhandels sind überwiegend im Interesse von Großverlagen und bar jeder Rücksicht auf die Kosten der von diesen beanspruchten Leistungen gestaltet. Die FFF-Koalition flöge sofort auseinander, wenn man die Anzahl der zu beliefernden Verkaufsstellen, die tägliche Auslieferung oder das Prinzip der Vergütung via Margen (statt pro Stück) zur Disposition stellen würde.
Darum wird am Ende des aktuellen Prozesses ein völlig neues Grossosystem mit alter und dysfunktionaler Vergütungslogik stehen. ‘Das ist ja ein ganz anderes Thema, sagt FFF. Die Konditionen verhandeln doch die G13-Verlage, nicht etwa wir!’
Ist es haarspalterisch, darauf hinzuweisen, dass bei G13 die wesentlichen Akteure dieselben sind, wie in der FFF-Allianz?