Influence vergeht, Marke besteht

“Junge Leute bezahlen sehr wohl für Nachrichten”. Sogar mehrheitlich. Das haben wir im April letzten Jahres berichtet, weil es das Ergebnis einer umfangreichen und methodisch hochwertigen Studie des American Press Institutes war. Allerdings bezahlen viele der jungen Menschen nicht an etablierte Nachrichtenmedien, sondern an unabhängige und oft solo-publizierende sogenannte Creators.

Die Creator-Economy ist einer der faszinierendsten Aspekte der Digitalwirtschaft. Fast vollständig entfallene Markteintrittsbarrieren, die Möglichkeit, ohne größere Kosten ein weltweites Publikum zu erreichen, haben dazu geführt, dass Einzelpersonen oder als Einzelpersonen gestartete und durch ihre(n) Gründer geprägte Medienangebote zu Alternativen und Wettbewerbern tradierter Medien geworden sind.

Wer vor einem guten Jahr noch Zweifel hatte, ob die ‘Creators’ wirklich schon eine so große Bedeutung für die Nachrichtenwelt haben können, der sollte nun dringend einen Blick in die aktuelle IAB-Studie werfen (vgl. S.26), derzufolge mittlerweile auf 1 Verlagsangestellten im Digitalbereich mehr als 10 Creators kommen, die von ihren Inhalten (die freilich nur zu einem kleinen Teil nachrichtlicher Art sind) leben können. Zwar noch nicht überwiegend aber doch zunehmend aufgrund der Bezahlung durch die jeweiligen Fans/Follower/Abonnenten.

Junge Leute bezahlen für Nachrichten – genauer müsste es heißen: sie bezahlen Personen, die Nachrichten erzeugen, kommentieren und verbreiten. Sie bezahlen nicht so sehr für das, was sie erhalten, sondern für den, der herstellt, was sie erhalten oder nutzen wollen.

Die erfolgreichsten Digital only-Medien haben das verstanden. Denník Ns ‘erfolgreichste Kampagne der Mediengeschichte’ hat nicht mit dem Zugang zu den Inhalten von Denník N geworben, sondern damit, dass jedes Abo die Herstellung und Verbreitung dieser Inhalte möglich macht. Auf dieser Botschaft fußen auch die immens erfolgreichen freiwilligen Bezahlmodelle von Taz und Guardian.

Nachrichten-Creators sind eine Bereicherung der Medienlandschaft. Aber ersetzen können sie Medienmarken, die größere Redaktionen umfassen und die personenübergreifende Kontinuität und Verlässlichkeit herstellen, nicht.

Die journalistische Versorgungen unserer Gesellschaft kann nicht nur von Creators geleistet werden. Einzelpersonen sind fragile Erscheinungen. Medienmarken können Jahrhunderte überdauern. Kein Creator – mag er heute noch so jung und noch so erfolgreich sein – wird in 100 Jahren noch die Rolle ausfüllen, die er sich heute erarbeitet hat.

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