Plötzlich 214 statt 123 Paywalls in Deutschland?

(9.5.2017, Kurzfassung aus pv digest #5/2017)

Im Zusammenhang mit Paid Content in Deutschland wird wohl keine Zahl so häufig zitiert, wie die Anzahl der Zeitungen, die auf ihrer Website eine Paywall installiert haben. Da ist in den nächsten Tagen viel Aktualisierungsarbeit nötig. Denn seit April zeigt der Bundesverband der Zeitungsverleger, der die Quelle dieser Zahl ist, eine sprunghaft auf 214 gewachsene Liste der deutschen Zeitungswebsites mit Paywall.

Dahinter steckt natürlich nicht eine urplötzliche Begeisterung für Paid Content. Dahinter steckt schlicht ein großer blinder Fleck in der Vergangenheit, der nun in einer dankenswerten Fleißarbeit beseitigt wurde. Der BDZV hat noch einmal nachgezählt.

Man habe nun einen “Komplettscan” aller dem Zeitungsverlegerverband bekannten Zeitungswebsites durchgeführt, erläutert der beim BDZV für das Thema verantwortliche Holger Kansky. Das sind beachtliche 698 Angebote. Auch diese Liste veröffentlicht der Verband.

In Deutschland gibt es zwar, ebenfalls laut BDZV, nicht einmal halb so viele Zeitungen. Aber eigene Websites haben anscheinend auch zahlreiche nichtselbstständige Lokalangebote. Außerdem betreiben einige Zeitungen mehrere Websites. Hier ist zum Beispiel die von der Funke Gruppe oder beim Mannheimer Morgen praktizierte Strategie zu nennen, parallel ein werbefinanziertes Nachrichtenangebot zu betreiben und ein kostenpflichtiges Qualitätsangebot. Der BDZV betrachtet für seine Paywall-Statistik nun alle Zeitungswebsites, bei denen der Zeitungsverlag als Betreiber der Website bekannt ist oder bei denen der Zeitungstitel im Namen der Website oder in der Adresszeile (URL) auftaucht oder das Zeitungslogo erkennbar auf der Website.

Vor dem neuen Komplettscan beruhte die 2012 erstmals veröffentlichte Liste auf unterschiedlichen Quellen, zum Beispiel einer Befragung der Verlage, Pressemitteilungen und –veröffentlichungen oder auch Einzelfallhinweisen. Nun wurden erstmals sämtliche 698 Webpräsenzen tatsächlich solange genutzt, bis auch eine versteckte Paywall (z.B. mit einer hohen Anzahl an kostenlosen Artikeln) zu erkennen war.

Wie viele Paywalls in den letzten 12 Monaten neu eingerichtet wurden (vor einem Jahr stand der Zähler noch bei 120, seit Oktober 2016 bei 123), und wie viele ältere Paywalls nun erstmals gezählt wurden, das ist nicht mehr zu rekonstruieren.

Trotz der deutlich größeren Zahl verschiebt sich der Blick auf das Thema ‘Zeitungspaywalls in Deutschland’ nicht gravierend. Bisher galt, dass rund ein Drittel aller Zeitungen (120 von 330) eine Paywall installiert haben. Nun ist es zwar nur ein sehr knappes Drittel aller Zeitungswebsites, die nicht alle Inhalte verschenken (214 von 698). Aufgrund von Mehrfachpräsenzen einzelner Titel dürfte sich das Verhältnis in Bezug auf die Anzahl deutscher Tageszeitungen (statt der Zeitungswebsites) aber noch einmal deutlich mehr in Richtung eines echten Drittels verändern.

Was sich auch kaum verändert hat, ist der Anteil, der auf die jeweils verwendeten Paywallmodelle entfällt. Auch die nun auf 214 angewachsene Gruppe der deutschen Zeitungs-Paywalls beinhaltet wesentlich mehr Freemium- als Metered Modelle. Die folgende Grafik hat vor der Aktualisierung der Statistik kaum anders ausgesehen:

Den vollständigen Bericht und viele weitere Berichte zu zu Paid Content in Deutschland und weltweit finden Sie in pv digest #5/2017. Jetzt hier bestellen!

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