Preisgestaltung für Blendle – Topseller mit Preisen über 70 Cent
(31.5.2016, Auszug aus pv digest #6/2016)
Seit rund zehn Monaten bietet der Digitalkiosk Blendle einzelne Artikel aus deutschen Zeitungen und Zeitschriften zum Kauf an. Aber was ist ein einzelner, aus einer Zeitung oder Zeitschrift entbündelter Artikel wert? Wie reagieren die Nutzer auf unterschiedliche Preise?
Seit Oktober veröffentlicht Meedia in jeder Woche die Liste der zehn auf Blendle meistverkauften Artikel. Der Durchschnittspreis für die zehn Artikel schwankte seitdem zwischen 51 und 89 Cent. Die Trendlinie der folgenden Grafik scheint hier eine leicht abnehmende Tendenz zu signalisieren. Angesichts der großen Ausschläge in den Werten pro Woche ist das aber nicht signifikant.
Der Spiegel bietet seinen Leitartikel auf Blendle mit 1,99€ fast halb so teuer an, wie das komplette Heft. Die Zeit ruft maximal 0,89€ pro Artikel auf, die FAZ durchgehend 0,45€ und das Handelsblatt Preise zwischen 1 Cent und 0,35€ pro Artikel. Hier treten geradezu gegensätzliche Pricing-Strategien zutage. Man vergleiche diese relativen Preisunterschiede nur einmal mit den verhältnismäßig sehr viel näher beieinanderliegenden Preisen für die jeweiligen Gesamtausgaben.
Das Blendle-Managament ist von Anfang für eine Politik der niedrigen Preise eingetreten. 0,19€ und 0,29€ sind Preispunkte, die Blendle früher mehrfach für seinen Kiosk empfohlen hat. Während die meisten deutschen Qualitätsmedien deutlich höhere Preise aufrufen, hatte Blendle den Hochpreistitel Economist anfangs von seiner Empfehlung überzeugt. Der im Vergleich zum Spiegel sogar noch teurere Wochentitel verlangte im Blendle-Kiosk für einen einzelnen Artikel lange Zeit nicht mehr als 0,25€.
Mittlerweile hat der Economist diesen Preis allerdings auf 0,55€ angehoben. Die Vertriebsverantwortliche Marina Haydn erklärt das pv digest gegenüber so: “Wir überprüfen unsere Preisstrategie immer wieder einmal. In diesem Fall haben wir nach dem Marktstart von Blendle in den USA den Preis pro Artikel in Europa angehoben, um weltweit mit einem einheitlichen Pricing auf dieser Plattform zu arbeiten.”
Der Schritt zu höheren Preisen erscheint nachvollziehbar, wenn man die wöchentlich von Meedia veröffentlichten Verkaufscharts für Blendle-Artikel in Deutschland analysiert. Die bestverkaufenden Artikel dort weisen im Schnitt der vergangenen sechs Monate Preise über 70 Cent auf, wie die folgende Grafik zeigt.
Auf diese Daten angesprochen relativiert Blendle Mitgründer Marten Blankesteijn seine Empfehlung. “Ich denke nicht, dass alles unterhalb 30 Cent sein sollte”. Stattdessen empfiehlt er eine Orientierung an der Länge der Artikel: “Was wir beobachten ist, dass der Preis, den die Leute bezahlen wollen, mit der Artikellänge zusammenhängt. Im Großen und Ganzen sehen wir, dass 2,5 Cent pro 100 Wörter ein guter Preis ist. Die Rückgabequote bei 2,5 Cent ist sehr niedrig [pvd: Blendle räumt seinen Nutzern das Recht ein, einen enttäuschenden Artikel gegen Kaufpreiserstattung zurück zu geben]. Bei 5 Cent ist sie schon 25% höher. Einige deutsche Verlage liegen über 2,5 Cent oder sogar über 5. Das ist, meiner Meinung nach, zu hoch (zumindest in den meisten Fällen)”.
Bei Blendle scheint der absolute Preis keinen entscheidenden Einfluss auf die Nachfrage zu haben – stattdessen rückt das Management den Fokus auf eine Preisgestaltung relativ zur Artikellänge.
Welche Erfahrungen machen andere Anbieter entbündelter Einzelartikel? Lesen Sie in pv digest #6/2016, was die Gründer und Geschäftsführer von Pocketstory und 1Pass in dieser Frage gelernt haben.