Was kostet die Zukunft?

Die Zukunft kostet deutsche Zeitungen ungefähr 60Mio€. 50Mio€ davon tragen die lokalen und regionalen Tageszeitungen und 10Mio€ die nationalen Tagestitel.

Die gute Nachricht: bezahlen muss das niemand. Denn diese Beträge sind Erlöse, keine Kosten. Es sind die Anteile an den gesamten deutschen Paid Content-Umsätzen, die wir in unserer letztem Schätzung (vgl. pvd #1/2023) für die als ‘sonstiger Verkauf’ bei der IVW gemeldeten E-Paper-Exemplare veranschlagt haben.

Die schlechte Nachricht: um diesen Preis verspielen Tageszeitungen ihre Zukunft. Denn das Gros dieser ‘sonstigen’ Erlöse resultiert aus einem Aufpreis, den die Verlage den Printabonnenten dafür abknöpfen, dass sie auch noch das E-Paper lesen und auf die Bezahlartikel im Web und in Apps zugreifen können.

Es mag zwar wie ein Windfall-Profit erscheinen, dass man seine teuersten Abos noch einmal upsellen kann, indem man zur Arbeit pendelnden Papierabonnenten auch noch den Zugang zum E-Paper gegen einen Aufpreis verkauft. Aber tatsächlich errichtet dieser Aufpreis eine immense Hürde für alle Abonnenten, die nicht aktiv nach digitalem Journalismus fragen, sondern die für die Nutzung der Digitalangebote erst noch gewonnen werden müssen.

Daran führt aber kein Weg vorbei. Auf Papier werden Zeitungen in absehbarer Zukunft nicht mehr täglich und vielleicht auch gar nicht mehr erscheinen.

Man kann diesen Zeitpunkt abwarten und dann die verbliebenen Abonnenten vor die Alternative stellen: ‘ab jetzt nur noch digital oder gar nicht mehr’. Das ist die Situation, auf die Zeitungen zusteuern, die nicht heute schon ihren Print-Abonnenten die digitalen Produkte gratis zur Verfügung stellen.

Zeitungen, die bereits mit Erfolg auf Print verzichten oder die sich sicher sind, dass ihnen dieser Schritt jederzeit möglich wäre, wenn die Stückkosten der verbliebenen Printabonnenten Druck&Zustellung endgültig unwirtschaftlich machen, haben gemeinsam, dass sie vorher einen großen Teil der Printabonnenten dafür gewonnen hatten, die digitalen Angebote zu erproben und vielleicht sogar schon regelmäßig neben der Printausgabe zu nutzen.

Das haben wir im November am Beispiel der Ibbenbürener Volkszeitung, im März eindrucksvoll durch ‘Amedias Drehbuch für das Streichen von Print-Erscheinungstagen’ oder hier (auf den Seiten 2-4) am Beispiel Bonnier aufgezeigt.

Selten konnten wir aus so unterschiedlichen ‘Cases’ ein so einheitliches Fazit ziehen: Wer einmal auf Print verzichten will, der muss heute seine Printleser für die digitalen Angebote gewinnen. Das geht unendlich viel leichter, wann diese ohne Extrakosten genutzt werden können.

Keine Extrakosten bedeutet zwar auch ‘keine sonstigen Erlöse’. Aber dieses Zubrot im Paid Content-Geschäft ist nichts als ‘Lousy Pennies’, wenn es die Zukunft kostet.

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