Paid Content-Umsatz mit digitaler Presse: 276Mio€ pro Jahr

(17.1.2017, Auszug aus pv digest #1/2017)

Die deutsche Publikumspresse erzielt mit ihren Paid Content-Angeboten einen jährlichen Umsatz von 276 Mio€. Das ist das Ergebnis unserer jüngsten Markteinschätzung. In der Januar-Ausgabe des vergangenen Jahres schätzte pv digest das Niveau der Paid Content Umsätze noch auf 242 Mio€. Damit wäre der Umsatz mit bezahlten Digitalprodukten binnen zwölf Monaten um 14% gestiegen.

Grafik Wachstum der Paid Content Umsätze in Deutschland

70% dieser Umsätze stammen von den Tageszeitungen. Zeitschriften erzielen laut unserer Abschätzung lediglich 30% der Paid Content Umsätze der deutschen Presseverlage. Mit rund 194Mio€ erzielen die Tageszeitungen demnach mittlerweile etwa 4,3% ihrer vom BDZV auf 4,5Mrd€ bezifferten Vertriebsumsätze mit digitalen Angeboten. Der VDZ geht für die Publikumszeitschriftenvon etwa 3,2Mrd€ jährlichen Vertriebsumsätzen aus. Darauf bezogen läge der Anteil der digitalen Vertriebserlöse der Publikumszeitschriften (82Mio€) bei 2,6%.

Grafik Verteilung der Paid Content Umsätze in Deutschland

Allerdings sind die Werte für die Publikumszeitschriften als deutlich unsicherer einzustufen. Denn während die Tageszeitungen im Bereich bezahlpflichtiger Produkte fast ausschließlich auf E-Paper, Paywalls und mobile Anwendungen (Apps) zur Darstellung täglicher Ausgaben setzen, probieren Zeitschriften sich an einer deutlich größeren Vielfalt digitaler Angebote. Das reicht vom Einzelverkauf von Testberichten über TV-Programmführer und Parkplatzguides für Wohnmobilurlauber bis hin zu weit vom traditionellen Inhalteangebot entfernten Experimenten wie Gewinnspielapps mit Premium-Features oder Livestreams von Fernsehkanälen. Entsprechend unüberblickbar ist der Gesamtmarkt in diesem Bereich. Nach wie vor behelfen wir uns an dieser Stelle mit einer ‘per dicken Daumen geschossenen’ Zahl [Details zur Kalkulation: s.u.]

Für die wesentlich besser einschätzbaren Angebote der überregionalen Zeitungen (E-Paper, Apps, Paywalls) können wir dagegen erstmals einen detaillierten Vorjahresvergleich anstellen. Nach unserer Schätzung ging es bei diesen Titeln im Durchschnitt um 41% nach oben. Die stärkste Steigerung dürfte dabei die Welt verbuchen können. Die Springer-Zeitung hat Anfang dieses Jahres den Preis für Ihre vielgelobte Digitalausgabe Welt Edition um satte 50% angehoben. Aber auch beim Handelsblatt sehen wir eine überdurchschnittliche Steigerung, die im Zusammenhang mit der konsequenten Vermarktung des ‘Digitalpass’ genannten Digitalabos und dem im Januar gestarteten ‘Handelsblatt Wirtschaftsclub’ stehen dürfte. Bei der FAZ und der Süddeutschen Zeitung vermuten wir ebenfalls deutliche Steigerungen, während Bild auf einem sehr hohen Niveau ihre Paid Content-Erlöse nur noch um rund 10% gesteigert haben dürfte.

Grafik Paid Content bei überregionalen TZ in Deutschland

[Kommentar: 14% Umsatzwachstum sind eine Enttäuschung für alle, die bezahlte Digitalinhalten für eine tragende Umsatzsäule der Presseverlage in der Zukunft halten. Aber von nichts kommt nichts! Noch langsamer als die Konsumenten ihre Portemonnaies öffneten, entwickelten im vergangenen Jahr die Verlage ihr Angebot. Die Anzahl der deutschen Zeitungspaywalls wuchs nicht einmal um 10%. Bei den Zeitschriften geht es noch langsamer voran. Eigentlich kommt einem hier nur das halbherzige Laterpay-Experiment des Spiegel in den Sinn. Von einem ernstgemeinten neuen Versuch eines etablierten Verlages, mit einem Digitalangebot Vertriebserlöse zu erzielen, fehlt 2016 weit und breit jede Spur.]

Bezugsgröße unserer Kalkulation ist der für den November 2016 geschätzte Monatsumsatz mit digitalen journalistischen Bezahlangeboten in Deutschland. Dieser wurde linear auf 12 Monate hochgerechnet, um einen Jahreswert zu generieren. Wichtig: da der Markt stark wächst liegt der tatsächliche Wert für das Kalenderjahr 2016 unter der hier präsentierten Jahresschätzung; für das Jahr 2017 ist aufgrund der Wachstumstrends ein höherer Wert zu erwarten.

Unsere Einschätzung von 276Mio€ Jahresumsatz beruht auf folgenden Kalkulationen und Annahmen:

  • Die E-Paper-Erlöse der regionalen Tageszeitungen haben wir entsprechend der IVW-Meldungen (Auflagen, Anteil Abo vs. SV) und angenommenen Durchschnittspreisen (monatlich 20,60€ für E-Paper-Abos und 4,28€ für E-Paper Sonderverkäufe) kalkuliert.
  • 123 Tageszeitungen setzen derzeit auf Paywalls. Aber nur eine Minderheit dieser Titel generiert Paywall-only-Erlöse. Bei den meisten Titeln berechtigt ein E-Paper-Abo auch zur Nutzung der bezahlpflichtigen Webinhalte, so dass die Paywall keine zusätzlichen Erlöse generiert. Wir unterstellen, dass im Branchenschnitt der Titel, die ein separates Webabo anbieten, ein Webabo-Kundenbestand in Höhe von 1,3% der verkauften Zeitungsauflage erreicht wurde. Für die Titel mit eigenen Online-Abos gehen wir zusätzlich von weiteren 5% der Print- oder E-Paper-Abonnenten aus, die einen Aufpreis für das Webabo bezahlen. Für Only-Paywall-Kunden rechnen wir mit einem Monatspreis von durchschnittlich gut 6€. Als Durchschnittspreis für einen online Zugang im Rahmen eines Print+ Abos oder zusätzlich zu einem E-Paper Abo unterstellen wir 3€ pro Monat. (Durchschnittspreise und Quoten basieren auf eigenen Recherchen.
  • Für die überregionalen Zeitungen und für Bild haben wir anhand der veröffentlichten Daten (E-Paper-Auflagen und bei Bild und Welt auch IVW-Daten zu den digitalen Bezahlangeboten) eine auf den Details der veröffentlichten Auflagenstruktur und der jeweiligen individuellen Angebotspreise beruhende Abschätzung vorgenommen.
  • Für die Abschätzung der Paid Content Erlöse der Zeitschriften haben wir zunächst die Erlöse aus dem Verkauf von E-Papern ermittelt. Von den fast 800.000 durchschnittlich pro Ausgabe verkauften E-Papern entfallen in diesem Presse-Segment rund 27% auf stark ermäßigte Sonderverkäufe. Zeitschriften erscheinen zu sehr unterschiedlichen Preisen und unterschiedlich häufig. Für die Kalkulation haben wir einen repräsentativen Mittelwert herangezogen. Basis für dessen Berechnung sind Durchschnittswerte, die wir aus einem proportional gewichteten Mix der meistverkaufenden Zeitschriften und einer Stichprobe aus allen übrigen Titeln berechnet haben. Unser ‘Durchschnitts E-Paper’ kostet 7,66€ pro Monat im regulären Abo und 0,77€ im rabattierten Verkauf.
  • Für die unübersichtlichen Paywall- und App-Angebote aller Zeitschriften haben wir pauschal einen Jahreserlös von knapp 28Mio€ angenommen. Aufgrund fehlender Gesamtmarktdaten sehen wir hier den mit der höchsten Unsicherheit behafteten Teil unserer Marktanalyse. Gegenüber Vorjahr vermuten wir hier keine Steigerung. Denn in diesem Bereich sehen wir insgesamt wenig Bewegung und einzelnen erfolgreichen Angeboten stehen Einstellungen gegenüber.

Weitere Details und eine Übersicht anderer Schätzungen zu Paid Content in Deutschland finden Sie in pv digest #1/2017. Jetzt hier bestellen!

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