Paid Content-Umsatz mit digitaler Presse: 242Mio€ pro Jahr
(13.1.2016, Auszug aus pv digest #1/2016)
Die deutsche Publikumspresse erzielt mit ihren Paid Content-Angeboten einen jährlichen Umsatz von 242 Mio€. Das ist das Ergebnis unserer jüngsten Markteinschätzung. In der Januar-Ausgabe des vergangenen Jahres schätzte pv digest das Niveau der Paid Content Umsätze noch auf 190 Mio€. Damit wäre der Umsatz mit bezahlten Digitalprodukten binnen zwölf Monaten um ein gutes Viertel gestiegen.
Mehr als zwei Drittel dieser Umsätze stammen von den Tageszeitungen. Zeitschriften erzielen laut unserer Abschätzung lediglich 31% der Paid Content Umsätze der deutschen Presseverlage. Mit rund 168Mio€ erzielen die Tageszeitungen demnach mittlerweile etwa 3,5% ihrer vom BDZV auf 4,7Mrd€ bezifferten Vertriebsumsätze mit digitalen Angeboten. Der VDZ nennt für die Vertriebsumsätze der Publikumszeitschriften Zahlen, die auf 3,2Mrd€ jährliche Vertriebsumsätze hinaus laufen. Darauf bezogen läge der Anteil der digitalen Vertriebserlöse der Publikumszeitschriften (74Mio€) bei 2,3%.
Allerdings sind die Werte für die Publikumszeitschriften als deutlich unsicherer einzustufen. Denn während die Tageszeitungen im Bereich bezahlpflichtiger Produkte fast ausschließlich auf E-Paper, Paywalls und mobile Anwendungen (Apps) zur Darstellung täglicher Ausgaben setzen, probieren Zeitschriften sich an einer deutlich größeren Vielfalt digitaler Angebote. Das reicht vom Einzelverkauf von Testberichten über TV-Programmführer und Parkplatzguides für Wohnmobilurlauber bis hin zu weit vom traditionellen Inhalteangebot entfernten Experimenten wie Gewinnspielapps mit Premium-Features oder Livestreams von Fernsehkanälen. Entsprechend unüberblickbar ist der Gesamtmarkt in diesem Bereich. Nach wie vor behelfen wir uns an dieser Stelle mit einer ‘per dicken Daumen geschossenen’ Zahl, die wir gegenüber Vorjahr lediglich um einen plausiblen Prozentwert haben wachsen lassen [Details zur Kalkulation: s.u.]
Für die wesentlich besser vergleichbaren Angebote der überregionalen Zeitungen (E-Paper, Apps, Paywalls) wagen wir in diesem Jahr erstmals einen detaillierten Vergleich. Nach unserer Einschätzung generieren FAZ und die Süddeutsche Zeitung zusammen mittlerweile etwa genau so hohe Paid Content Umsätze wie die Bild. Welt und Handelsblatt liegen in etwa auf einem Niveau und die Taz noch deutlich dahinter.
Bezugsgröße unserer Kalkulation ist der für den November 2015 geschätzte Monatsumsatz mit digitalen journalistischen Bezahlangeboten in Deutschland. Dieser wurde linear auf 12 Monate hochgerechnet, um einen Jahreswert zu generieren. Wichtig: da der Markt stark wächst liegt der tatsächliche Wert für das Kalenderjahr 2015 unter der hier präsentierten Jahresschätzung; für das Jahr 2016 ist aufgrund der Wachstumstrends ein höherer Wert zu erwarten.
Zum Vergleich weitere Schätzungen zum Vertriebserfolg digitaler Angebote in Deutschland:
- Die Umsätze mit E-Books wurden von PricewaterhouseCoopers für 2013 auf rund 300 Mio€ geschätzt. 2014 sollen es rund 380Mio€ gewesen sein. (Laut Börsenverein des deutschen Buchhandels 4,3% des 9,32Mrd€ großen Gesamtmarktes)
- Laut der Untersuchung GfK Media Scope wurden 2014 in Deutschland mit ‘digitalem Entertainment’ (Buch, Hörbuch, Musik, Video und Games) 963Mio€ umgesetzt. Das sei eine Steigerung von 17% zum Vorjahr. Für das erste Halbjahr 2015 wurde in der der gleichen Analyse ein Umsatz mit Digitalflatrates für Bücher, Video und Musik von 200Mio€ ermittelt.
- Die Unternehmensberater von Arthur D. Little haben im Auftrag des Eco-Verbandes der deutschen Internetwirtschaft den Umsatz mit digitalem Publishing (E-Books, digitale Presse und wissenschaftliche Literatur) im Jahr 2015 auf 1,2 Mrd€ geschätzt.
- Andere Schätzungen der Paid Content Umsätze deutscher Pressemedien für das Jahr 2014: PriceWaterhouseCoopers 224Mio$. Statista (nur digital only-Erlöse mit Ausgaben, also ohne Print+ Abos und ohne Paywall-Erlöse): 133Mio€.
Unsere Einschätzung von 242Mio€ Jahresumsatz beruht auf folgenden Kalkulationen und Annahmen:
- Die E-Paper-Erlöse der Tageszeitungen haben wir entsprechend der IVW-Meldungen (Auflagen, Anteil Abo vs. SV) und angenommenen Durchschnittspreisen (monatlich gut 19€ für E-Paper-Abos und 5€ für E-Paper Sonderverkäufe) kalkuliert.
- 113 Tageszeitungen setzen derzeit auf Paywalls. Wir unterstellen, dass im Branchenschnitt dafür ein Kundenbestand in Höhe von 1% der verkauften Zeitungsauflage erreicht wurde und weitere 5% einen Paywallzugang parallel zum Printabo bezahlen. Für die digital only Paywall-Kunden rechnen wir mit einem Monatspreis von Ø 9€. Als Durchschnittspreis für einen online Zugang im Rahmen eines Print+ Abos unterstellen wir 4€ pro Monat. (Durchschnittspreise und Quoten basieren auf eigenen Recherchen sowie aktuellen Untersuchungen diverser Organisationen und Beratungsfirmen. Wir halten sie für eher konservativ geschätzt. Die angenommenen Durchschnittspreise sind im Vergleich zum Vorjahr unverändert.)
- Für die überregionalen Zeitungen und für Bild haben wir anhand der veröffentlichten Daten (E-Paper-Auflagen und bei Bild und Welt auch IVW-Daten zu den digitalen Bezahlangeboten) eine auf den Details der veröffentlichten Auflagenstruktur und der jeweiligen individuellen Angebotspreise beruhende Abschätzung vorgenommen.
- Für die Abschätzung der Paid Content Erlöse der Zeitschriften haben wir zunächst die Erlöse aus dem Verkauf von E-Papern ermittelt. Von den fast 700.000 durchschnittlich pro Ausgabe verkauften E-Papern entfallen in diesem Presse-Segment nur rund 20% auf stark ermäßigte Sonderverkäufe. Allerdings erscheinen Zeitschriften zu sehr unterschiedlichen Preisen und unterschiedlich häufig. Für die Kalkulation haben wir einen repräsentativen Mittelwert heran gezogen. Basis für dessen Berechnung sind Durchschnittswerte, die wir aus einem proportional gewichteten Mix der meistverkaufenden Zeitschriften und einer Stichprobe aus allen übrigen Titeln berechnet haben. Unser ‘Durchschnitts E-Paper’ kostet hier knapp 6,75? pro Monat im regulären Abo und 1,35€ im rabattierten Verkauf.
- Für die unübersichtlichen Paywall- und App-Angebote aller Zeitschriften haben wir pauschal einen Jahreserlös von knapp 28Mio€ angenommen. Aufgrund fehlender Gesamtmarktdaten sehen wir hier den mit der höchsten Unsicherheit behafteten Teil unserer Marktanalyse. Der unterstellte Gesamtumsatz ist mit 28 Mio€ nach unserer Einschätzung eher konservativ beziffert. Gegenüber der Vorjahresschätzung von 20Mio? haben wir eine Steigerung von 39% unterstellt, die den Durchschnittswert uns bekannter Paid Content-Angebote (nicht E-Paper!) in diesem Zeitraum abbildet.